Schilddrüsen-Diagnostik

Die freien peripheren Schilddrüsenhormone fT4 (Thyroxin) und fT3 (Trijodthyronin) spielen eine wesentliche Rolle bei der Regulation des Energieumsatzes des Organismus. Ein Regelkreis Hypothalamus → Hypophyse → Schilddrüse Hypothalamus halt die Schilddrüsenhormonspiegel innerhalb eines bestimmten Konzentrationsbereiches konstant. Niedrige freie Hormonspiegel führen über die Freisetzung des Releasing Hormons TRH zur Synthese von TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) im Hypophysenvorderlappen, das das Wachstum der Schilddrüsenfollikel und die Hormonsynthese stimuliert. Umgekehrt unterdrücken hohe Hormonspiegel die Freisetzung von TSH. Über diesen Mechanismus können Funktionseinschränkungen der Schilddrüse über sehr lange Zeiträume kompensiert werden, so dass subklinische Hyper- oder Hypothyreosen (gekennzeichnet durch erniedrigte bzw. erhöhte TSH-Spiegel bei noch normalen Spiegeln von fT3 und fT4) sehr viel häufiger anzutreffen sind als klinisch manifeste Störungen als Folge überschießender oder fehlender Hormonproduktion. Krankheitsbilder mit hoher Prävalenz sind der Jodmangel, Formen der Autoimmunthyreoiditis sowie Knotenstrumen mit oder ohne autonome Hormonproduktion. In der Genese der Autoimmunthyreoiditiden spielen Autoantikörper gegen Strukturen der Schilddrüse die entscheidende Rolle: sie sind u.a. gerichtet gegen die Thyreoidea-Peroxidase (TPO-Ak), das Thyreoglobulin (TAK) und den TSH-Rezeptor (TRAK). Als Tumormarker zur Verlaufskontrolle nach Strumektomie bei follikulären Schilddrüsenkarzinomen eignen sich das humane Thyreoglobulin (hTG) und das CEA. Bei medullären C-Zell-Karzinomen bzw. beim Krankheitsbild der Multiplen endokrinen Neoplasie (MEN) sollte das Calcitonin bestimmt werden.
 

Typische Befundkonstellationen bei Schilddrüsenerkrankungen und Therapiekontrolle
Biochemischer Befund bTSH fT4 fT3 Diagnosen Zusätzliche
Untersuchungen
Euthyreose n n n Struma nodosa
Kompensiertes
Adenom
Sonographie, Szintigramm,
ggf. Punktion
Subklinische (latente)
Hyperthyreose
n n
Primäre Hyperthyreose supprimiert ↑ – ↑↑ ↑ – ↑↑ M. Basedow
Dekompensiertes
Adenom
TRAK, TPO-Ak
Sonographie, Szintigramm,
ggf. Punktion
Isolierte T3-Hyperthyreose supprimiert n – ↑ ↑↑
Sekundäre Hyperthyreose n – ↑ n – ↑ TSH-produzierendes
HVL-Adenom (selten)
MRT Sella
Subklinische (latente)
Hypothyreose
n n Jodmangel
Struma(teil)resektion
Thyreostatische
Therapie
Immunthyreoiditis
Hashimoto
TPO-Ak, TAK
Primäre Hypothyreose ↑↑ ↓ (n)
Sekundäre Hypothyreose
(HVL-Insuffizienz)
↓ (n) HVL-Adenom
Z.n. Hypophysen-OP
MRT Sella, TRH-Test,
Hypophysenhormonbestimmung
Low-T3-Syndrom n – (↓) n – (↓)

Schwere extrathyreoidale
Erkrankung (NTI)

 

 

Therapiekontrolle Ziel Ziel Ziel Zusätzliche Untersuchungen
Hormonsubstitution
bei Hypothyreose
n
(unterer NB)
n n  
Suppressionskontrolle bei
Struma maligna
supprimiert n (↑) n Thyreoglobulin, TSH-Test,
Ganzkörperszintigramm
Thyreostasekontrolle n n n TRAK (Verlaufskontrolle M. Basedow)

 

Diagnoserelevante Stör- und Einflussgrößen bei der Bestimmung von Schilddrüsenparametern
Parameter Erhöhung bei Verminderung bei
basales TSH Schlafentzug,
Erholungsphase nach schwerer Krankheit,
Hypokalzämie, HIV-Infektion,
Nebennierenrindeninsuffizienz

Chlorpromazin, Haloperidol,
Lithium, Sulpirid,
Metoclopramid, Domperidon,
Naloxon, Östrogene
Amiodaron (initial)
Fasten, Mangelernährung, Anorexia nervosa
Depression, Hyperkaliämie
Hypercortisolismus


L-DOPA, Amiodaron (Langzeittherapie)
Corticoide, Somatostatin,
Verapamil, Nifedipin,
Diphenylhydantoin,
Jod-Kontrastmittel
fT4 Salizylate, Heparin,
Furosemid, Amiodaron
Barbiturate
Rifampicin
fT3 T3-Präparate schwere extrathyreoidale Erkrankung (NTI)
hochdosierte Jodgabe
Propanolol, Corticoide, Amiodaron