Anti-Phospholipid-Syndrom

Definition und Krankheitsbild
Das Antiphospholipid-Syndrom (APS) ist eine Autoimmunerkrankung, die durch das Auftreten von venösen und arteriellen Thrombosen, Spontanaborten und Schwangerschaftskomplikationen einhergeht. Die Erkrankung tritt isoliert als primäres APS oder als Begleiterkrankung (sekundäres APS) anderer Autoimmunerkrankungen (vor allem beim systemischen Lupus erythematodes, seltener bei M. Crohn, Immunthrombozytopenie, chronischer Polyarthritis, Vaskulitis) auf. Ein APS ist bei Frauen häufiger als bei Männern.

Krankheitsursache sind so genannte Antiphospholid-Antikörper, die an Komplexe aus negativ geladenen Phospholipiden und Proteinen (Cardiolipin, ß2-Glykoprotein-1, Phophatidylserin oder Prothrombin) binden. Diese Antikörper führen in vitro zu einer Verlängerung der PTT, sind jedoch in vivo nicht mit einer Blutungsneigung, sondern im Gegenteil mit einer Thromboseneigung verbunden.

Es muss zwischen Patienten mit eindeutigem APS und solchen unterschieden werden, bei denen nur vorübergehend Anti-Phospholipid-Ak nachweisbar sind (z. B. bei viralen oder bakteriellen Infektionskrankheiten). Bei Kindern werden diese Antikörper Infektions-assoziiert relativ häufig gefunden. Patienten mit Malignomen können ebenfalls Anti-Phospholipid-Ak entwickeln.
Die Diagnose stützt sich daher auf die Klinik und den labordiagnostischen Nachweis (siehe Tabelle); letzterer sollte bei mindestens zwei Untersuchungen im Abstand von mindestens 12 Wochen positiv sein.
Der labordiagnostische Nachweis umfasst Cardiolipin-Ak, ß2-Glykoprotein-1-Ak (ß2-GP1-Ak) und die unten aufgeführten gerinnungsphysiologischen Teste auf Lupus-Antikoagulans.

Tab.: Diagnosekriterien für das APS

Klinische Symptome Laborkriterien Ein APS anzunehmen bei Vorliegen eines der gennanten Symptome zusammen mit mindestens einem Laborkriterium.
Labordiagnostischer Nachweis bei mindestens
zwei Untersuchungen im Abstand von > 12 Wochen
- venöse oder arterielle Thrombose
- intrauteriner Fruchttod nach der 10. SSW eines morphologisch normalen Fetus
- Frühgeburt wegen (Prä-)Eklampsie oder Plazentainsuffizienz vor der 34. SSW
- drei oder mehr Spontanaborte vor der 10. SSW, die durch andere Ursachen nicht erklärbar sind
- Lupus antikoagulans
- Cardiolipin-Ak*
- ß2-Glykoprotein-1-Ak*

*IgG oder IgM, mittlerer oder hoher Titer

 

Klinische Symptome bzw. Indikationen
Rezidivierende, ungeklärte Thrombosen
Venenthrombose
    Beinvenen, Armvenen, Vena cava inferior, Nierenvene,
    Budd-Chiari-Syndrom, Sinusvenenthrombose
    Lungenembolie, Nierenvenenthrombose
Arterienthrombose
    ZNS: Schlaganfall, transitorische ischämische Attacken
    Augenarterienthrombose
    Koronarien: Herzinfarkt
    Extremitäten: AVK
Schwangerschaftskomplikationen
    rezidivierende Spontanaborte, intrauteriner Fruchttod,
    Frühgeburt, Präeklampsie,
    Wachstumsretardierung des Föten
Thrombozytopenie
    meist gering ausgeprägte Thrombozytopenie
Unerklärbare Ergebnisse von Gerinnungstests
    meist PTT-Verlängerung, selten niedriger Quick
Lupus erythematodes und andere Kollagenosen

 

Labordiagnostik
Gerinnungsphysiologischer Nachweis von Lupus-Antikoagulans (LA)
=Nachweis der durch Anti-Phospholipid-Ak verursachten Verlängerung der PTT
Darunter fallen folgende einzelne Gerinnungsuntersuchungen, die zusammen durchgeführt und bewertet werden (nicht einzeln anforderbar):
Lupus sensitive PTT: Messung der PTT mit einem Reagenz , das besonders empfindlich auf Lupus-Antioagulans reagiert
LA Screening: basiert auf der dRVVT (diluted Russell´s Viper Venom Time); der Test enthält wenig Phospholipide und ist deshalb sehr sensitiv gegenüber Lupus antikoagulans.
LA Bestätigungstest: Spezifitätsnachweis bei positivem Ergebnis der Screeningteste. Durch Zusatz von Phospholipid-Ak im Patientenplasma neutralisiert, dadurch verkürzt sich die PTT.
Als weiterer Bestätigungstest wird ggf. ein PTT-Mischversuch (Mischung des Patientenplasmas mit einem Normalplasma) angeschlossen.

 

Cardiolipin-Ak EIA
Cardiolipin-Ak sind gegen den Komplex aus Cardiolipin und β2-Glykoprotein1 gerichtet. Falsch positive Ergebnisse werden bei Infektionskrankheiten (z. B. Lues, Hepatitis B, Helicobacter pylori-Infektion) und Malignomen gefunden. Bei Infektionen nachgewiesene Cardiolipin-Ak sind meist niedrig konzentriert. 30 - 50% der Patienten mit mittleren und hohen Cardiolipin-AK-Titern zeigen klinische Symptome des APS.

Cardiolipin-Ak IgG
Cardiolipin-Ak IgG in hohen Konzentrationen sind sehr stark mit einem Risiko für venöse Thrombosen und Lungenembolie assoziiert.

Cardiolipin-Ak IgM
Cardiolipin-Ak IgM sind weniger spezifisch und in niedriger Konzentration auch bei Gesunden vor allem nach Infektionskrankheiten nachweisbar.

β2-Glykoprotein1-Ak IgG/IgM (EIA)
Die Höhe der Antikörper korreliert eng mit dem Thrombose­risiko bei APS. Falsch positive Ergebnisse treten seltener auf als bei den Cardiolipin-Ak.
β2-Glykoprotein 1 hemmt die Bildung von Faktor Xa. Diese gerinnungshemmende Funktion wird durch β2-GP1-Ak gestört.

 

Anforderung und Material
Cardiolipin-Ak EIA 1 ml Serum
2-GP1-Ak EIA 1 ml Serum
Lupus-Antikoagulans 3 ml Citratplasma gefroren

 

Hinweise
  1. Der Cardiolipin-Ak Mikroflockungstest ist eine Zusatzuntersuchung zur Klärung der Therapienotwendigkeit und zur Verlaufskontrolle der Lues-Infektion. Für die Diagnostik eines APS ist dieser Test zu unempfindlich.
  2. Lupus-Antikoagulans u./o. Cardiolipin-Ak können im Zusammenhang mit einem sekundären APS bei Lupus erythematodes auftreten und sind bei dieser Indikation als Zusatzuntersuchung sinnvoll. Da aber nur ca. ein Drittel der Lupus-Patienten Anti-Phospholipid-Ak bildet, sind sie als Suchtest nicht geeignet.
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