Knochenstoffwechsel 2 Osteoporose, Knochenauf- und abbau

Die Osteoporose ist eine systemische Skeletterkrankung, bei der eine unzureichende Knochenfestigkeit ein erhöhtes Frakturrisiko bedingt. Die verminderte Knochenfestigkeit resultiert aus reduzierter Knochendichte und/ oder Knochenqualität. Hauptmanifestationen sind Frakturen der Wirbelkörper (Sinterfrakturen) und Schenkelhalsfrakturen, die oft eine erhebliche Behinderung der Betroffenen zur Folge haben. Daher sind besonders bei älteren Menschen (Frauen in der Menopause, Männer >60 Jahre) unter Berücksichtigung individueller Risikofaktoren rechtzeitige präventive Maßnahmen angezeigt.
Risikofaktoren: Alter (Verdoppelung des Risikos pro Lebensdekade beim älteren Menschen), Geschlecht (Frauen: 2fach höheres Risiko als Männer), Rauchen, Immobilität, Untergewicht (BMI <20), genetisches Risiko (anamnestisch proximale Femurfraktur bei einem Elternteil), Einnahme bestimmter Medikamente (z.B. Glukokortikoide, Antiepileptika)
Die Primärdiagnostik schließt neben Anamnese und klinischem Befund eine Knochendichtemessung und ggf. eine Röntgenuntersuchung der Brust- und Lendenwirbelsäule ein.

Die in diesem Rahmen empfohlenen Laboruntersuchungen (Basis- und Erweiterungsdiagnostik; siehe Tabelle 1) ermöglichen in erster Linie die Unterscheidung zwischen einer primären und sekundären Osteoporose bzw. Osteopathie. Viele Knochenerkrankungen gehen mit einem erhöhten Knochenumsatz einher. Bei der Osteoporose unterscheidet man  low- und high-Turnover Varianten, wobei letztlich immer in der Bilanz ein Verlust an Knochenmasse zu verzeichnen ist. Für die Beurteilung des Knochenumsatzes stehen verschiedene biochemische Marker des Knochenauf und -abbaus zur Verfügung. Diese Parameter haben in der Primärdiagnostik nur einen begrenzten Nutzen, ermöglichen aber eine Therapieüberwachung und Verlaufsbeurteilung der Osteoporose. Ein weiterer Vorzug der Knochenumbaumarker besteht darin, dass sie Veränderungen der Knocheneigenschaften unter Therapie anzeigen, bevor sich die Knochendichte messbar verändert hat. Da Kollagen auch Bestandteil anderer Bindegewebe ist, kann die Spezifität einzelner Marker eingeschränkt sein (Tabelle 2).

 

Tabelle 1:                                         Basisdiagnostik der Osteoporose

Parameter Fragestellung Material
Calcium und Phosphat im Serum Basisuntersuchungen zur Erkennung von Störungen des Calcium- und Phosphatstoffwechsels Serum
AP (+ Gamma-GT) Erhöhter Knochenumsatz, Metastasen (Gamma-GT zum Ausschluss einer hepatischen AP-Erhöhung) Serum
Kreatinin Renale Osteopathie (Kreatinin >2-3 mg/dl) Serum
Serum-Eiweißelektrophorese Suchtest für Plasmozytom Serum
TSH Ausschluss Hyperthyreose Serum
BSG/ CRP/ grosses Blutbild Ausschluss entzündlicher Ursachen EDTA, Serum
25 (OH)-Vit. D Vitamin D-Mangel, Malabsorption Serum
Erweiterungsdiagnostik in Abhängigkeit von der Fragestellung
Parameter Fragestellung Material
Parathormon intakt Hyperparathyreoidismus EDTA-Plasma
Cortisol/ DXM-Hemmtest Hyperkortisolismus/ M. Cushing Speichel, Serum
Immunfixation/freie Leichtketten Plasmozytom Serum, Urin
FSH/ Östradiol Hypogonadismus (junge Frau) Serum
Testosteron gesamt Hypogonadismus (Mann) Serum

 

Tabelle 2:                                   Parameter des Knochenumsatzes

Knochenaufbau: Osteoblasten
  Indikation (I)/ Besonderheiten (B) Spezifität Material
Knochen-AP
(BAP)

I: M. Paget, Knochenmetastasen, prim. und sek. Hyperparathyreoidismus, Osteomalazie, high-Turnover Osteoporose (Verlaufskontrolle), funktionelle Osteoblastendefekte (Hypophosphatasämie)
B: keine Beeinträchtigung durch Niereninsuffizienz

++ Serum
Osteocalcin
(OC)
I: Glukokortikoid-bedingte Osteopenie (Osteoblastenaktivität vermindert), Knochenmetastasen, high-Turnover Osteoporose (Verlaufskontrolle)
B: Akkumulation bei Niereninsuffizienz
+++ Serum gefroren
Prokollagen I
N-terminales
Propeptid (PINP)
I: Monitoring einer Therapie mit rekombinantem Parathormon, M. Paget
B: Akkumulation bei Niereninsuffizienz, Beeinflussung durch Leberfunktionsstörungen, eingeschränkte Spezifität
+ Serum
Knochenabbau: Osteoklasten
Pyridinolin (PYD)/
Desoxypyridinolin
(DPD) "Crosslinks"
I: Osteoporose (Verlaufskontrolle), Erkrankungen mit erhöhter Knochenresorption
B: Pyridinolin kommt auch im Knorpel vor: Erhöhung auch bei Arthritiden
PYD:
++
DPD: +++
Morgenurin
lichtgeschützt
Tartrat-resistente
saure Phosphatase
(TRAP 5b)

I: Osteoporose (Verlaufskontrolle),  Erkrankungen mit erhöhter Knochenresorption: wenig etablierter Parameter
B: keine Beeinträchtigung durch Leber- und  Nierenfunktionsstörungen, Nahrungsaufnahme stört nicht, keine Tagesrhythmik, Erhöhung durch Hämolyse

+++

Serum
gefroren

C-terminales
Telopeptid
(CTX, ß-Crosslaps)

I: Osteoporose (Verlaufskontrolle), Erkrankungen mit erhöhter Knochenresorption: wenig etablierter Parameter
B: Akkumulation bei Niereninsuffizienz, Beeinflussung durch Leberfunktionsstörungen, Erniedrigung durch Hämolyse, Abnahme nüchtern !

++ EDTA-Plasma
Knochenumsatzparameter unterliegen meist einer zirkadianen Rhythmik. Zur Vergleichbarkeit der Werte Blutabnahme zwischen 7:00 und 9:00 Uhr morgens empfohlen. Urinproben zur Therapiekontrolle zur gleichen Tageszeit gewinnen.