Definition
Zöliakie (Synonyma: Gluten-sensitive Enteropathie, Sprue) ist eine autoimmune Zerstörung des Dünndarmepithels mit Malabsorption, die in genetisch prädisponierten Personen (HLA-DQ2/8 positiv) durch Aufnahme von Gliadin ausgelöst wird. Prävalenz ca. 1:100, die Zöliakie ist damit eine der häufigsten Autoimmunerkrankungen. Trotz der Möglichkeit einer differenzierten und rationalen Labordiagnostik ist die Zöliakie weit unterdiagnostiziert.
Pathophysiologie
Gliadin wird durch die Gewebstransglutaminase (tTG; Synonym: Transglutaminase 2, TG2) in der Darmschleimhaut deamidiert. Bei HLA-DQ2/8 positiven Patienten bindet das deamidierte Gliadin deutlich besser an Antigen-präsentierende Zellen. Es kommt zur Bildung von Antikörpern gegen deamidiertes Gliadin und tTG sowie einer entzündlichen Reaktion mit Schädigung der Darmschleimhaut. Die Gliadin-Ak und tTG-Ak im Serum ermöglichen die Diagnose der Zöliakie, (diagnostisch genutztes Epiphänomen), die eigentliche Zerstörung des Zottenepithels erfolgt über T-Zell-abhängige Mechanismen.
Ernährung und Gluten
Gliadin sind die prolin- und glutaminreichen Proteine des Glutens. Die Klebereiweiße (Glutene) der in Deutschland hauptsächlich angebauten Getreidearten (Weizen, Roggen, Gerste einschließlich ihrer Kreuzungen und Urformen; sog. Triticeae) sind chemisch eng verwandt und können alle eine Zöliakie auslösen bzw. unterhalten. Betroffene sollten deshalb Nahrungsmittel, die Produkte aus diesen Getreidearten enthalten, strikt meiden. Von der Ernährung mit Produkten aus Hafer wird in Deutschland abgeraten, da die Verarbeitung oft nicht getrennt von den anderen Getreidearten erfolgt und deshalb mit Kontaminationen zu rechnen ist.
Als alternative Stärkequellen kommen z. B. Mais, Reis, Buchweizen, Quinoa, Kartoffel und Amaranth in Betracht.
Klinik
Kleinkinder
Symptome in der Regel 6-9 Monate nach Einführung glutenhaltiger Kost. Symptomtrias chronische Diarrhoe (Steatorrhoe), vorgewölbter Bauch, Gedeihstörung etwa mit 9-18 Monaten.
Ältere Kinder und Erwachsene
oligosymptomatisch
Gedeihstörung, Gewichtsverlust, Kleinwuchs, Eisenmangelanämie, chronische Müdigkeit, Aphten,
Bauchschmerzen, Obstipation, Diarrhoe, Übelkeit, Appetitverlust, Pubertas tarda, Amenorrhoe, Aborte,
Konzentrationsstörung, depressive Verstimmung, chronische Kopfschmerzen,
Transaminasenerhöhung,
Zahnschmelzdefekte, Osteoporose / Osteopenie
Assoziation mit anderen Erkrankungen
IgA-Mangel |
bis zu 5 % der Zöliakiepatienten |
Autoimmunerkrankungen |
10 mal häufiger als Normalpopulation |
Diabetes mellitus Typ 1 |
5-10 % der Zöliakiepatienten |
Hashimoto-Thyreoiditis |
Dermatitis herpetiformis Duhring |
T-Zell-Lymphome des Gastrointestinaltraktes |
Diagnostik
Keine glutenfreie Ernährung vor der Erst-Diagnostik (falsch negative Ergebnisse möglich!).
Dünndarmzottenbiopsie und Bestimmung Zöliakie- assoziierter Antikörper etwa zeitgleich durchführen.
Besserung der klinischen Symptomatik und histologischen Befunde unter glutenfreier Diät.
Laborparameter sind geeignet zur
- Diagnosestellung und Verlaufskontrolle
- Bestimmung des Ausmaßes der Malabsorption und Diagnostik assoziierter Erkrankungen.
Im Erwachsenenalter ist die Konkordanz klinischer, serologischer und histologischer Befunde in bis zu 10 % der Fälle nicht gegeben.
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