Fachinformationen

Monoklonale Gammopathie Immunfixation und freie Leichtketten

Eine Monoklonale Gammopathie ist durch eine erhöhte Konzentration eines (seltener zwei oder mehr) monoklonalen Paraproteins gekennzeichnet, das von einem autonom proliferierenden B-Lymphozyten- oder  Plasmazellklon sezerniert wird. Es können sowohl vollständige Immunglobuline vom Typ IgG, IgA oder IgM (sehr selten IgD oder IgE) mit den entsprechenden Leichtketten κ (Kappa) oder λ (Lambda), als auch nur die freien Leichtketten (sogenanntes Leichtkettenmyelom) gebildet werden. Selten werden nur Schwerketten synthetisiert. Das monoklonale Paraprotein ist in der Elektrophorese normalerweise als sogenannter M-Gradient („M-Protein“) in der γ-Fraktion (seltener im ß- oder α2-Bereich) sichtbar. Der sensitive Nachweis und die Differenzierung des zugrunde liegenden Immunglobulin-Typs gelingen mit Hilfe der Immunfixation.
Der Nachweis eines monoklonalen Paraproteins ist jedoch nur ein Hinweis – kein Beweis – für ein Multiples Myelom oder eine andere behandlungsbedürftige Neoplasie der B-Lymphozyten oder Plasmazellen. Bei ausschließlich laborchemischem Nachweis ohne klinische Symptomatik liegt eine Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) bzw. ein Smouldering Myeloma vor.

 

Einteilung der Gammopathien

Monoklonale Gammopathie Unklarer Signifikanz (MGUS)
Eine MGUS hat per se noch keinen Krankheitswert. Die Prävalenz beträgt ca. 3,5 % bei Personen über 50 Jahren. Sie erfordert keine spezifische Therapie, gilt jedoch als Präkanzerose, die im Verlauf in eine maligne lymphoproliferative Erkrankung übergehen kann (ca. 1 bis 1,5 % pro Jahr). Die Kriterien für eine MGUS sind:
     1. M-Protein < 30 g/l und
     2. Klonale Plasmazellen < 10 % im Knochenmark (falls eine Knochenmarksbiopsie durchgeführt wurde) und
     3. Fehlen von Symptomen (CRAB Kriterien, siehe unten).

Die Verlaufskontrollen bei MGUS erfolgen entsprechend des Risikoprofils. Als Hochrisiko-MGUS wird folgende Konstellation bezeichnet: nicht IgG-Typ + abnormaler Quotient der freien Leichtketten + M-Protein > 15 g/l.
Verlaufskontrollen
Erstdiagnose:       nach 3 und 6 Monaten
Niedrigrisiko:        nur bei klinischer Symptomatik
Hochrisiko:           alle 6 bis 24 Monate

Multiples Myelom (symptomatisch)
Dritthäufigste hämatologische Neoplasie. Monoklonales Paraprotein im Serum und ggf. im Urin vorhanden, klonale Plasmazellen > 10 % im Knochenmark sowie Nachweis von Endorganschäden (CRAB Kriterien, siehe unten).

Smouldering Myeloma (asymptomatisch)
Konstellation zwischen MGUS und Multiplem Myelom. Klonale Plasmazellen > 10 % im Knochenmark jedoch noch keine Endorganschäden nachweisbar.

Solitäres Plasmozytom
Isolierter Plasmazelltumor ohne systemische Beteiligung. Die Diagnose muss bioptisch gesichert werden. Therapie der Wahl ist die lokale Bestrahlung in kurativer Absicht, allerdings entwickeln bis zu 50 % der Patienten im weiteren Verlauf ein Multiples Myelom.

M. Waldenström (Waldenström Makroglobulinämie)
Zusätzlich zu einer IgM-Paraproteinämie findet sich ein lympho-plasmozytisches Lymphom (LPL) mit obligater Infiltration des Knochenmarks.

Plasmazell-Leukämie
Aggressive Myelomvariante mit einer schlechten Prognose.
Die Diagnose wird bei einer Plasmazellzahl von ≥ 2 x 109/l oder bei  mehr als 20 % Plasmazellen im peripheren Blut gestellt.

Fakultative/ begleitende Monoklonale Gammopathie
Bei B-CLL und anderen Non-Hodgkin-Lymphomen.

 

CRAB Kriterien
CRAB leitet sich von den englischen Begriffen „hypercalcemia“, „renal insufficiency“, „anemia“ und „bone lesions“ ab.

C Hypercalcämie > 2,75 mmol/l
R Niereninsuffizienz Kreatinin ≥ 2,0 mg/dl
A Anämie Hb < 10,0 g/dl oder um ≥ 2,0 g/dl
unterhalb des unteren Normwertes
B Knochenbeteiligung Osteolyse oder Osteoporose mit Kompressionsfraktur

 

Eine Therapie ist bei symptomatischem Multiplem Myelom indiziert. Die Erfüllung eines CRAB Kriteriums ist ausreichend. Weitere Behandlungsindikationen sind Schmerzen, eine B‑Symptomatik oder ein Hyperviskositäts-syndrom.

Labordiagnostik

Diagnostik bei V.a. MGUS
Großes Blutbild, Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium), Nieren-retentionsparameter (Kreatinin einschl. eGFR,
Harnstoff), Gesamteiweiß und Albumin im Serum, Immunglobuline (IgG, IgA, IgM) im Serum, Serumelektrophorese,
freie Leichtketten im Serum quantitativ mit Quotient, Immunfixation im Serum, Eiweiß im Urin

Diagnostik bei V.a. Multiples Myelom
zusätzlich zur Diagnostik bei MGUS: Quick, PTT, LDH, GPT, ß2‑Mikroglobulin im Serum; Bildgebung (CT, MRT) und
Knochenmarksdiagnostik (Zytologie, Zytogenetik, Histologie)

 

Hinweis zur Eiweiß-Elektrophorese im Serum:
Ein M-Gradient (spitzer Peak) findet sich erst ab einer Konzentration von etwa 1 g/l eines  monoklonalen Paraproteins.   Bei    ausschließlicher Synthese von Leichtketten und bei Paraproteinen vom IgD- oder IgE-Typ ist in der Elektrophorese in der Regel kein M-Gradient nachweisbar. Deshalb sollte bei weiterbestehendem V.a. eine monoklonale Gammopathie immer eine Immunfixation im Serum und Urin sowie die Bestimmung der freien Leichtketten im Serum durch- geführt werden.

Immunfixation im Serum mit Bestimmung von IgG, IgA, IgM
V.a. MGUS, Multiples Myelom, Plasmozytom, M. Waldenström, Amyloidose, ungeklärter Antikörpermangel, M-Gradient in der    Serumelektrophorese, erhöhte B-Zellzahl, Rezidivdiagnostik nach Knochenmarktransplantation

Immunfixation im Urin
V.a. Leichtketten-Proteinurie (Bence-Jones Protein), Amyloidose, nachgewiesene monoklonale Gammopathie im Serum

Freie Leichtketten im Serum/ Urin
Freie Leichtketten erscheinen zuerst im Serum, werden frei glomerulär filtriert und schließlich im Tubulus rückresorbiert und degradiert. Erst bei Überschreitung der Resorptionskapazität der Tubuluszellen oder bei bestehendem Tubulusschaden werden sie im Urin ausgeschieden. 
Die Ablagerung freier Leichtketten in Organen und Geweben ist Ursache der AL-Amyloidose.
Bei den meisten Multiplen Myelomen (nicht nur bei Leicht-kettenmyelomen) ist der Quotient der freien Leichtketten (k/l) signifikant verschoben. Auch bei ca. 50 % der sogenannten non-sekretorischen Myelome findet sich eine sehr geringe, aber nachweisbare Menge an monoklonalen Leichtketten.

ß2-Mikroglobulin (B2M)
B2M ist ein wichtiger Tumormarker. Es wird in hoher Dichte auf Lymphozyten exprimiert. Daher korreliert die Serumkonzentration mit dem Lymphozytenumsatz. Aufgrund der renalen Elimination muss zur Beurteilung jedoch gleichzeitig die Nierenfunktion berücksichtigt werden. Auch Erkrankungen mit einem erhöhten Zellumsatz (z.B. Infektionen, Autoimmunerkrankungen) beeinflussen die Serumkonzentration.

Proteinurie
Nachweis einer beginnenden tubulären Schädigung mittels SDS-PAGE-Elektrophorese oder durch die Bestimmung der nieder-molekularen Markerproteine (z.B. α1-Mikroglobulin) im Urin. Bei einem Fortschreiten der Erkrankung kann sich auch eine glomeru-läre Proteinurie entwickeln.

Parameter

Material

Immunglobuline, Immunfixation, freie Leichtketten im Serum, ß2-Mikroglobulin

1 ml Serum

 

Immunfixation, freie Leichtketten, SDS-PAGE-Elektrophorese im Urin

20 ml Urin


Lit.: Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) zum MGUS und Multiplen Myelom