Fachinformationen

Atherosklerose-Risiko

Atherosklerose-bedingte Herz-Kreislauferkrankungen (KHK, Myokardinfarkt, Schlaganfall, pAVK) sind mit knapp 50% die häufigsten Todesursachen in allen westlichen Industrienationen. Zur primären und sekundären Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen wird empfohlen, zunächst mit Hilfe von Risikotabellen bzw. Scores das Gesamtrisiko eines Patienten abzuschätzen. LDL-Cholesterin (bzw. Apo B), systolischer Blutdruck, Rauchen, Diabetes mellitus, familiäre Hypercholesterinämie, alter und männliches Geschlecht sind die Risikofaktoren, für die ein kausaler Zusammenhang mit der Atherosklerose nachgeiwesen oder sehr wahrscheinlich ist. Zu weiteren Risikomarkern, die in epidemiologischen Untersuchungen mit Morbidität und Mortalität von Herz-Kreislauferkrankungen korreliert sind, zählen Triglyceride, HDL (bzw. Apo A1), Lipoprotein (a), CRP sensitiv, Homocystein, Fibrinogen, Übergewicht, Bewegungsmangel und Alkoholkonsum. Die meisten Menschen weisen mehrere Risikofaktoren unterschiedlicher Ausprägung auf, die miteinander interagieren und zu einem Gesamtrisiko kumulieren. Dieser Sachverhalt wird in den Scores berücksichtigt. Das Gesamtrisiko (sehr hohes, hohes, moderates oder niedriges Risiko) bildet die Grundlage für den individuellen LDL-Zielwert des Patienten, der unter Lipid-senkender Therapie erreicht werden sollte. Liegen bereits kardio-vaskuläre Erkrankungen oder ein Diabetes mellitus Typ 2 oder Typ 1 mit Endorganschäden oder eine eingeschränkte GFR vor, fällt der Patient automatisch in die Kategorie sehr hohes kardiovaskuläres Risiko. In diesem Fall ist eine Berechnung des HeartScores nicht notwendig. Patienten mit familiärer Hypercholesterinämie sind immer in die Kategorie „hohes Risiko“ einzuordnen und bedürfen spezieller medizinischer Betreuung. Bei allen anderen Patienten empfehlen die aktuellen Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) zur Ermittlung der Risikoklasse den Heart-Score (www.heartscore.org). Dieser Score gibt das statistische Risiko des Patienten an, innerhalb der nächsten 10 Jahre an einer kardiovaskulären Erkrankung zu versterben.
 
Ein Screening auf Risikofaktoren und die Ermittlung des HeartScores sollte bei Männern ab 40 Jahren und bei Frauen ab 50 Jahren erwogen werden. Das Screening beinhaltet ein Lipidprofil mit folgenden Parametern:
Laborparameter Häufigkeit des Screenings in Abhängigkeit von der klinischen Situation
Cholesterin
LDL-Cholesterin
Triglyceride
HDL-Cholesterin
- unauffälliger Lipidstatus (ohne Therapie: alle 3-5 Jahre oder bei relevanten Veränderungen
- Patienten mit erhöhtem Risiko für Atherosklerose oder Stoffwechselerkrankiungen: jährlich
- unter Therapie: erste Kontrolle 4-6 Wochen nach Therapiebeginn/-umstellung danach alle   3-6 Monate
Lipoprotein (a), Homocystein,
CRP sensitiv
- einmalig, eventuell erneut zur Bestätigung

 
 
Kategorien des kardiovaskulären Risikos
Therapieziele für LDL-C
mg/dl
mmol/l
Sehr hoch
- HeartScore ≥ 10% oder
- Sekundärprophylaxe bei dokumentierter KHK, ischämischem Apoplex, pAVK
- Diabetes mellitus Typ II oder Diabetes mellitus Typ I mit Endorganschäden
- eGFR < 60 ml/min per 1,73 m²
< 70
< 1,8
oder ≥ 50% LDL-C Reduktion wenn Zielwert nicht erreicht werden kann
Hoch
- HeartScore ≥ 5% bis < 10% oder
- prominente einzelne Risikofaktoren
(z. B familiäre Hypercholesterinämie oder ausgeprägte Hypertonie)
< 100
< 2,5
Moderat
- HeartScore > 1% bis ≤ 5 %
< 115
< 3,0
Niedrig
- HeartScore ≤ 1%
 
 
 
Relevante Grenzwerte und therapeutische Zielwerte für weitere Parameter des Lipidstoffwechsels
Parameter
Erläuterung
mg/dl
mmol/l
Cholesterin, gesamt
Risikomarker, keine Zielwerte unter lipidsenkender Therapie
 
 
Steigendes kardiovaskuläres Risiko
≥ 150
≥ 3,9
Hinweis auf familiäre Hypercholesterinämie
> 290
> 7,5
HDL-Cholesterin
Risikomarker
> 45
> 1,2
Triglyceride
Wünschenswerter Bereich
< 150
< 1,7
Non-HDL-Cholesterin
Sekundäres Therapieziel, reflektiert sowohl die Effekte LDL- und Triglycerid-senkender Therapien als auch einen Anstieg des HDL
 
Typ 2-Diabetes/ metabolisches Syndrom
< 130
< 3,3
Sehr hohes kardiovaskuläres Risiko
< 100
< 2,5
Apo B
Sekundäres Therapieziel, Hauptapolipoprotein der LDL, ein kleinerer Anteil ist in den VLDL enthalten
 
      Typ 2-Diabetes/ metabolisches Syndrom
< 100 mg/dl
      Sehr hohes kardiovaskuläres Risiko
< 80 mg/dl
Apo A1
Risikomarker, Hauptapolipoprotein der HDL
wbl. ≥ 140
ml. ≥ 120 mgdl

Weitere Hauptziele für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen
Blutdruck RR < 140/90 mmHg
Diabetes melltius HbA1c < 7% (< 53 mmol/l), RR < 140/80 mmHg
Rauchen Vermeidung von Tabakkonsum in jeglicher Form
Körpergewicht BMI 20-25 kg/m², Bauchumfang < 94 cm (Männer), < 80 cm (Frauen)
Körperliche Aktivität 2,5 bis 5 h mäßig intensive körperliche Aktivität pro Woche
Ernährung
Ernährung mit geringem Anteil an gesättigten Fetten, mit Betonung des Anteils an
Vollkornprodukten, Gemüse, Obst und Fisch
Lit.: ESC/EAS Guidelines vor the Management of Dyslilpidaemias, EurHeart J (2011) 32, 1769-1818.