Fachinformationen
Durchfallerreger
Durchfallerkrankungen in der Allgemeinarztpraxis
Durchfallerkrankungen gehören zu den häufigsten Ursachen für Arztbesuche. In den meisten Fällen verläuft die Infektion selbst-limitierend und bedarf keiner antibiotischen Therapie. In folgenden Fällen ist jedoch eine mikrobiologische Diagnostik angezeigt: Schwere blutige Durchfälle, schwerer oder protrahierter Verlauf, kürzliche Auslandsaufenthalte in Risikoländern, Umgebungserkrankungen, stationäre Patienten mit nosokomial erworbener Infektion, Immunschwäche, V.a. C. difficile induzierte Kolitis, Säuglinge unter 3 Monaten und V.a. hämolytisch-urämisches Syndrom. Eine Sentinelstudie in Allgemeinarztpraxen zeigte, dass bei etwa ¼ der Fälle ein Erreger gefunden wird. Noroviren waren die häufigste Ursache gefolgt von C. difficile, Rotaviren, Campylobacter, Salmonellen, Adenoviren, Lamblien, Cryptosporiden und Yersinien (siehe Tabelle).
Erreger |
*Studie in Allgemeinarztpraxen |
+Gemeldete Fälle |
Noroviren | 36 % | 113.286 |
Clostridium difficile | 19 % | - |
Rotaviren | 17 % | 39.289 |
Campylobacter | 9 % | 62.880 |
Enteritische Salmonellen | 7 % | 20.849 |
Adenoviren | 5 % | - |
Pathogene E. coli | - | 7065 |
Lamblien | 3 % | 4228 |
Cryptosporidien | 3 % | 1385 |
Yersinia enterocolitica | 1 % | 2705 |
EHEC | - | 1531 |
Shigellen | - | 526 |
Typhöse Salmonellen | - | 101 |
*Huhulescu et al. Etiology of Acute Gastroenteritis in Three Sentinel General Practices,
Austria 2007. Infection 2009;37(2):103-8
+Infektionsepidemiologisches Jahrbuch für 2012 RKI, Berlin, 2013
Therapie
In der Regel müssen leichte Infektionen mit enteritischen Salmonellen, Campylobacter und Yersinien nicht anti- biotisch behandelt werden. Bei schweren und protrahierten Verläufen ist in der Regel Ciprofloxacin (Salmonellen, Shigellen, Yersinien) oder Azithromycin (Campylobacter) Mittel der Wahl. Bei Nachweis von EHEC sollte i.d.R. auf ein Antibiotikum verzichtet werden (cave Auslösung eines HUS). Obligat ist die antibiotische Therapie bei Infektionen mit Salmonella Typhi, Vibrio cholerae, Entamoeba histolytica, Giardia lamblia, und Clostridium difficile (bei schweren oder fortbestehenden Symptomen).
Erreger | Empirische Therapie |
Clostridium difficile Diarrhoe oder Kolitis |
Metronidazol 3 x 500 mg (Vancomycin 4 x 125-500 mg), 10-14 Tage |
Salmonella, Shigella, EIEC, Aeromonas, Plesiomonas, Vibrio (non Cholerae) |
Ciprofloxacin 2 x 500 mg, 7-14 Tage, (Azithromycin 1 x 500 mg, 3-7 Tage) |
Campylobacter jejunii | Azithromycin 1 x 500 mg, 3 Tage |
Yersinia enterocolitica | Ciprofloxacin 2 x 500 mg (Cotrimoxazol 2 x 0,96 g), 7 Tage |
EHEC, STEC | Keine Antibiotika! |
Giardia lamblia |
Metronidazol 3 x 250 mg, 5 Tage (Nitazoxanid 2 x 500 mg, 3 Tage) |
Cryptosporidium | Symptomatisch (Nitazoxanid 2 x 500 mg, 3 Tage, in Deutschland nicht erhältlich) |
Entamoeba histolytica | Metronidazol 3 x 500 mg, 7-10 Tage danach Paromomycin 3 x tgl. für 7 weitere Tage |
Namentliche Meldepflicht
Behandelnder Arzt (§ 6 IfSG): Bei V. a. Lebensmittel-vergiftung oder Erkrankung an einer akuten infektiösen Gastroenteritis und Tätigkeit mit Lebensmitteln im Sinne des § 42 IfSG oder wenn mehrere Erkrankungen auftreten bei denen ein epidemischer Zusammenhang vermutet wird.
Labor (§ 7 IfSG): Nachweis von Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Yersinia enterocolitica, Cryptosporidien, pathogene E. coli (EHEC, EPEC, ETEC, EIEC), Norovirus, Rotavirus, Giardia lamblia, Vibrio cholerae O1 und O139.
Vorschriften für Gemeinschaftseinrichtungen
Nach § 34 IfSG dürfen Personen, die an Cholera, einer EHEC Infektion, Typhus, Paratyphus oder Shigellose erkrankt sind keinen Kontakt zu den Betreuten haben. Die Wiederzulassung ist nur mit Zustimmung des Gesund-heitsamtes möglich. Eine klinische Genesung und 3 unab-hängige neg. Stuhlproben werden i.d.R. gefordert.
Beschäftigungsverbote beim Umgang mit Lebensmitteln
Nach § 42 IfSG dürfen Personen, die an einer infektiösen Gastroenteritis erkrankt sind oder Shigellen, Salmonellen, EHEC oder Choleravibrionen ausscheiden, beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln nicht beschäftigt werden.
Labordiagnostik
Das Transportgefäß sollte zu ca. 1/3 mit der Stuhlprobe befüllt werden (blutige, schleimige, eitrige Anteile bevorzugt entnehmen). Bei V.a. Parasiten und Protozoen wird die Untersuchung von 3 Stuhlproben an unterschiedlichen Tagen empfohlen (Einsendung am Entnahmetag). Die Anforderung „pathogene Keime“ beinhaltet nur die Untersuchung auf Salmonellen, Shigellen, Campylobacter und Yersinien. Andere Erreger (siehe Tabelle) müssen separat angefordert werden! Ein Antibiogramm sollte bei typhösen Salmonellen, Shigellen, und Choleravibrionen, angefordert werden; bei Kleinkindern, älteren Patienten und Immunsupprimierten auch bei enteritischen Salmonellen, Yersinien, Campylobacter und Aeromonas.
Indikation | Wichtigste Erreger |
Basisuntersuchung Diarrhoe "pathogene Keime" |
Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Yersinien |
Wässrige Diarrhoe | + Noro-, Rota-, Adeno-, Astroviren, Lamblien, Cryptosporidien |
Blutige Diarrhoe | + Clostridium difficile, EHEC, Aeromonas, Vibrio |
Nach Auslandsreise |
+ pathogene E. coli , Vibrio, Adeno-, Astro-, Noro-, Rotaviren, Lamblien, Cryptosporidien, Amoeben, Kokzidien, Wurmeier |
Kinder < 6J | + EPEC, EHEC, Rota-, Adenoviren, Lamblien |
Rezidivierende Abdominalbeschwerden | +Yersinien, Clostridium difficile, Lamblien, Wurmeier |
Immunsuppression |
+ Cryptosporidien, Microsporidien, Kokzidien, Adeno-, Astro-, Noro-, Rotaviren, Pseudomonas, Klebsiella oxytoca, C. perfringens, S. aureus, Pilze, Aeromonas, Mykobakterien |
Antibiotikatherapie in den letzten 6 Wochen | + Clostridium difficile (GDH + Toxin EIA) |
Persistierende Diarrhoe > 3 Wochen |
+ Clostridium difficile, EPEC , EHEC, EAEG, Cryptosporidien, Lamblien, Kokzidien |
Stat. Aufenthalt ab Tag 4 | Nur Clostridium difficile |