Viele kommerzielle Immunoassays nutzen technologisch die Bindung biotinylierter Antikörper und Proteine an Streptavidin-beschichtete Oberflächen oder Substrate. Theoretisch besteht bei diesen Testen die Möglichkeit einer Interferenz mit Biotin, wenn es in sehr hoher Konzentration in der Patientenprobe vorliegt. Ergänzungspräparate, die hohe Dosen Biotin (Vitamin H) enthalten, können rezeptfrei in der Apotheke erworben werden, zudem wird Biotin auch therapeutisch eingesetzt. In der jüngeren Vergangenheit wurden einige Fälle publik, bei denen durch Biotin-Interferenz verursachte falsche Laborergebnisse zu klinisch relevanten Folgen für den Patienten geführt haben. Potentiell betroffen sind alle Immunoassays, bei denen in einem Arbeitsschritt Streptavidin-beschichtete Mikropartikel zusammen mit Biotin-enthaltendem Serum oder Plasma inkubiert werden. Dazu zählen in unserem Labor die elektrochemischen Lumineszenzimmunoassays (ECLIA) der Fa. Roche Diagnostics sowie auf ähnlichen Detektionsprinzipien beruhende Teste der Fa. Siemens.
Potentiell von einer Biotininterferenz betroffene Testverfahren, Biotinkonzentration, bis zu der eine Interferenz durch den Hersteller ausgeschlossen wurde und mögliche Veränderung der Testergebnisse durch Biotininterferenz
Stand: 01.07.2022, Änderungen vorbehalten
Parameter
Biotingrenzwert (ng/ml)
Möglicher Einfluss auf Wertelage
ACTH
60
niedriger
AFP
60
niedriger
Anti-Müller-Hormon (AMH)
30
niedriger
CCP-Antikörper
30
niedriger
C-Peptid
60
niedriger
CA 125
35
niedriger
CA 15-3
100
niedriger
CA 19-9
100
niedriger
CA 72-4
60
niedriger
CEA
120
niedriger
Cortisol
30
höher
Cyclosporin
30
höher
CYFRA 21-1
50
niedriger
DHEA-Sulfat
30
höher
Digitoxin
50
höher
Digoxin
100
höher
Erythropoetin1)
5
niedriger
Folsäure/ Folsäure im Erythrozyten
21
höher
Freies FT3
70
höher
Freies FT4
100
höher
FSH
60
niedriger
Gastrin1)
2
niedriger
HCG/ Beta-HCG
80
niedriger
HE4
50
niedriger
Holotranscobalamin
30
höher
IgE gesamt
100
niedriger
Insulin
60
niedriger
LH
50
niedriger
NT-proBNP
30
niedriger
NSE
100
niedriger
Östradiol
36
höher
Parathormon intakt
50
niedriger
PINP (Prokollagen INP)
50
niedriger
PLGF
30
niedriger
Procalcitonin
30
niedriger
Progesterone
30
höher
Prolaktin
40
niedriger
PSA frei
30
niedriger
PSA gesamt
60
niedriger
S-100 Protein
50
niedriger
sFLT-1
30
niedriger
SHBG
60
niedriger
TAK (Thyreoglobulin-Ak)
60
niedriger
Testosteron gesamt
30
höher
Thyreoglobulin (Tg)
30
niedriger
TPO-Ak
10
höher
Troponin
20
niedriger
TSH
25
niedriger
TSH-Rezeptor Ak
10
höher
Vitamin B12
50
höher
Hepatitis und HIV
Anti-HAV
50
höher / falsch positiv
Anti-HAV IgM
50
falsch negativ
HbS-Ag
40
falsch negativ
HbS-Ag quantitativ
40
niedriger
HBe-Ag
40
falsch negativ
Anti-HBc
30
falsch positiv
Anti-HBc IgM
100
falsch negativ
Anti-HBe
100
falsch positiv
Anti-HBs
8
falsch negativ / niedriger
Anti-HCV
42
falsch negativ
HIV 1/2 Ak + p24 Ag
30
falsch negativ
Angaben zu den Biotingrenzwerten auf der Basis der Angaben von Roche Diagnostics (ECLIA) bzw. 1) Siemens Healthineers. Möglicher Einfluss auf die Wertelage auf der Basis des Testprinzips: kompetitive Immunoassays: Abnahme des Messsignals führt zu erhöhten bzw. falsch positiven Messergebnissen; Sandwichprinzip: Abnahme des Messsignals führt zu erniedrigten bzw. falsch negativen Resultaten.
Potentiell von einer Biotininterferenz betroffene Testverfahren
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