Fachinformationen

Nadelstichverletzung - Vorgehen bei Kontakt mit infektiösem Material

Vorgehen bei Kontakt mit infektiösem Material - Hepatitis B, Hepatitis C, HIV - Infektionsrisiko - Sofortmaßnahmen - Postexpositionelle Chemoprophylaxe (PEP)                       
Infektionsrisiko
Infektion Allg. Übertragungsrisiko Prävention
Hepatitis B HBV-positiver Indexpatient 30% Aktive / passive Impfung
Hepatitis C HCV-positiver Indexpatient 3%  
HIV Von der übertragenen Erregermenge abhängig:
HIV-positiver Indexpatient ca. 0,3% Übertragungsrisiko
 
Sofortmaßnahmen
Stich / Schnittverletzung Blutfluss fördern durch Druck auf das umliegende Gewebe ≥ 1 Minute
Desinfektion der Wunde mit Händedesinfektionsmittel über 10 Minuten/Anlage eines antiseptischen
Wirkstoffdepots (auf ausreichenden Abfluss achten wg. Nekrosegefahr!)
Stichkanal zur Desinfektion spreizen
Kontamination des Auges sofortige gründliche Spülung des Auges mit reichlich Leitungswasser (10 Minuten)
Kontamination der Mundhöhle Ausspucken, dann sofortige ausgiebige Spülung mit reichlich Leitungswasser (10 Minuten)
Kontamination vorgeschädigter Haut sofortige ausgiebige Spülung und Desinfektion mit Händedesinfektionsmittel (10 Minuten)
Weiteres Procedere*
Indexpatient Verletzter
Patient von dem das Blut / Material bzw. die Nadel stammt. Bei Untersuchung des Indexpatienten vor einer Entscheidung an die Relevanz des diagnostischen Fensters denken! Immer an die Dokumentation des aktuellen Infektionsstatus (HBV, HCV, HIV) denken: Anti-HCV und HCV sofort, nach 3 und 6 Monaten: ggf. HBV-Parameter!
Hepatitis B HBsAg positiv / nicht bestimmbar Postexpositionelle Hepatitis B-Immunprophylaxe in Abhängigkeit vom HBV-Impfstatus des Verletzten (s. u.)
HBsAg negativ Diagnostisches Fenster in Überlegungen mit einbeziehen! Ggf. Beginn / Komplettierung der Grundimmunisierung
Hepatitis C positiv GPT**, Anti-HCV sofort, in 3 und in 6 Mo, HCV-PCR in 2-4 Wo
HIV positiv Wg. PEP-Indikation (s. u.) Überweisung zu HIV-erfahrenem Arzt (innerhalb 2h nach Verletzung, i.d.R. über 28d, Off-Label-Use ausdrückliches Einverstänmdnis des Pat.); Anti-HIV sofort, in 3 und in 6 Monaten
Unbekannter Infektionsstatus     Anti-HCV, Anti HIV sofort, in 3 und in 6 Monaten HBV in Abhängigkeit vom Impfstatu des Verletzten (s. u.)
Indexpatient: HBsAg positiv / unbekannt - Postexpositionelle Hepatitis B-Immunprophylaxe u. Laborparameter **
►Beurteilung stützt sich auf die Annahme, dass ein einmaliges Anti-HBs-Ergebnis > 100 IU/ml ein lebenslangen Schutz darstellt
Das Labor kann keine Gewähr für die Aktualität der Information zum Verletzungszeitpunkt gewährleisten!
An Unfalldokumentation / D-Arzt denken!

Abweichend von den BG-Empfehlungen empfehlen wir die aktuelle Bestimmung von HBsAg, Anti-Hbs und Anti-HBc zur Dokumentation zu erwägen.
Postexpositionelle Chemoprophylaxe (PEP)
(gemäß RKI 07/2002; BG-Kostenübernahme für 1. Dosis)
PEP
empfohlen
perkutane Verletzung mit Injektions-/Hohlraumnadel: Körperflüssigkeit mit hoher Viruskonzentration (Blut, Liquor, Punktatmaterial, Organmaterial, Viruskulturmaterial), tiefe Verletzung, sichtbares Blut, Nadel nach intravenöser Injektion
oberflächliche Verletzung (z. B. mit chirurgischer Nadel) und Indexpatient mit AIDS / hoher HI-Viruslast
PEP
anbieten
oberflächliche Verletzung (z. B. mit chirurgischer Nadel), Kontakt zu Schleimhaut / verletzter geschädigter Haut mit Flüssigkeiten mit hoher Viruskonzentration
PEP nicht
empfehlen
perkultaner Kontakt mit anderen Körperflüssigkeiten als Blut, Kontakt von intakter Haut mit Blut, (Schleim-) Hauptkontakt mit Körperflüssigkeiten wie Urin / Speichel

* Es bestehen Abweichungen zwischen den STIKO / RKI-Empfehlungen und den Empfehlungen der BGW.
** Orientierende Richtlinien zur BG-Kostenübernahme (ohne Gewähr): Grundimmunisierung >5J.: 1 Dosis Hep. B-Impfstoff, Anti-HBs, Anti-HBc; Grundimmunisierung <5J.: Anti-HBs > 100 IE/I: keine weiteren gezahlten Maßnahmen lt. BG; Anti-HBs <100 IE/I / unbekannt: 1 Dosis Hep. B-Impfstoff; Anti-Hbc; keine Kostenübernahme für Transaminasen.
*** Bei HBV-Ungeimpften bzw. unvollständig Geimpften sollte die Grundimmunisierung im Anschluss begonnen oder komplettiert werden.