Fachinformationen

Toxoplasmose

Erreger und Epidemiologie
Die Toxoplasmose ist eine durch das Protozoon Toxoplasma gondii hervorgerufene Anthropozoonose, die weltweit bei Säugetieren und Geflügel verbreitet ist. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt über drei Wege:

  • Verzehr von rohem Gewebszysten-haltigen Fleisch (Schwein, Wiederkäuer, Geflügel);
  • Orale Aufnahme von Oozysten aus Katzenkot. Sporulierte Oozysten bleiben im Erdboden mehrere Jahre lebensfähig, eine Infektion ist deshalb auch bei der Gartenarbeit oder durch kontaminierte Nahrungsmittel möglich.
  • Intrauterin (diaplazentar).

Die Inkubationszeit beträgt ca. 2-3 Wochen.
Die Durchseuchung mit Toxoplasma gondii nimmt proportional mit dem Alter zu, sie liegt  in Deutschland im Mittel bei ca. 50-60%. Nur etwa 30-40% aller Frauen im gebärfähigen Alter haben eine Toxoplasmose durchgemacht.

Klinik
90% aller Toxoplasmoseinfektionen bei Immunkompetenten verlaufen asymptomatisch. Symptomatische Infektionen  ähneln einem grippalen Infekt  und sind in erste Linie durch Lymphknotenschwellungen im Kopf- und Halsbereich (selten generalisierte LKS) gekennzeichnet. Eine Augenbeteiligung (Chorioretinitis) und eine Enzephalitis sind bei ansonsten gesunden Personen äußerst selten. Nach Ablauf der akuten Infektion gehen die Erreger in einen Latenzzustand über und bilden Zysten in verschiedenen Geweben. Bei schwerer Immunsuppression (AIDS, Z.n. Organtransplantation) ist eine Reaktivierung der Infektion möglich, die sich hauptsächlich als Enzephalitis, seltener als Chorioretinitis manifestiert;  generalisierte Verlaufsformen mit Dissemination in verschiedene Organsysteme können auftreten.

 

Toxoplasmose und Schwangerschaft
Eine akute Toxoplasmoseinfektion der Mutter kann während der Schwangerschaft auf den Feten übertragen werden, unabhängig davon, ob Symptome beobachtet wurden oder nicht. Das Risiko der Transmission nimmt  mit zunehmendem Gestationsalter  zu (ca. 15% im ersten, ca. 60% im dritten Trimenon),  die Häufigkeit symptomatischer fetaler Infektionen sinkt dagegen von ca. 70% im ersten auf ca. 10% im 3. Trimenon. Im 1. Trimenon kann eine unbehandelte Infektion mit einem Abort enden, im 2. und 3. Trimenon dominieren Schädigungen des Gehirns (Hydrocephalus, Mikrocephalie, intracerebrale Verkalkungen), Chorioretinitis sowie Anämie und Thrombozytopenie. Der Schweregrad der Schädigung variiert in weiten Bereichen, diskrete Schäden werden u.U. erst in den ersten Lebensjahren sichtbar  (Chorioretinitis, Netzhautnarben, Hörschäden, mentale Retardierung und Epilepsie).

Therapie während der Schwangerschaft

  • bis zum Ende der 15. SSW: Spiramycin 3,0 g/d in drei Teildosen
  • ab der 16. SSW: Kombinationstherapie mit Sulfadiazin (50 mg/kg/d bis max. 4 g/d in vier Teildosen) und Pyrimethamin (50 mg am 1. Tag, danach 25 mg als Einmaldosis). Zusätzlich Gabe von Folinsäure 10-15 mg/d zur Vermeidung von Nebenwirkungen auf die Hämatopoese

Die Therapiedauer sollte mindestens 4 Wochen betragen. Es besteht z.Z. kein Konsens darüber, ob die Therapie bis zum Ende der Schwangerschaft fortgeführt werden muss oder ob eine Kombinationstherapie alternierend in 4-wöchigem Rhythmus durch Therapiepausen oder durch Therapiephasen mit Spiramycin unterbrochen werden sollte.

 

Labordiagnostik der Toxoplasmoseinfektion
Parameter Erläuterung Material
Toxoplasmose-IgG (LIA) IgG-Ak sind etwa zwei Wochen nach Infektion nachweisbar und  persistieren lebenslang. Ein positiver IgG-Nachweis vor der Schwangerschaft gilt als Immunitätsnachweis; während der Schwangerschaft oder bei V.a. Akutinfektion sollte eine IgM-Bestimmung angeschlossen werden. Ein negatives Testergebnis schließt eine Toxoplasmoseinfektion mit hoher Wahrscheinlichkeit aus, da im Anfangsstadium nur sehr selten ausschließlich  IgM-Ak gefunden werden. Bei Neugeborenen sprechen im Verlauf persistierende oder ansteigende IgG-Antikörper für eine konnatale Toxoplasmose und gegen einen mütterlichen Leihtiter. Serum
Toxoplasmose-IgM (LIA) IgM-Ak werden wenige Tage nach Infektion gebildet. Sie erreichen nach 2-5 Wochen ein Maximum und persistieren ca. 6 Monate. Nicht selten sind IgM-Ak in niedriger Konzentration über mehrere Jahre nachweisbar. Serum
Toxoplasmose-IgG-Avidität Zusatztest zur Eingrenzung des Infektionszeitpunktes bei auffälliger Toxoplasmoseserologie (positiver IgM-Nachweis) in der Schwangerschaft. Mit zunehmendem Abstand zur Infektion steigt die Avidität der gebildeten IgG-Antikörper. Eine hohe Avidität schließt eine Akutinfektion in den vergangenen 4 Monaten aus. Serum
Toxoplasmose-DNA-PCR Direktnachweis des Erregers bei V.a. fetale Infektion, V.a. Reaktivierung einer Toxoplasmose bei Immunsuppression, V.a. cerebrale Toxoplasmose Fruchtwasser, Liquor, Bioptat

 

Interpretation serologischer Befundkonstellationen während der Schwangerschaft
IgG (EIA) IgM (EIA) IgG (Avidität) Interpretation
  Kein Hinweis auf Infektion, keine Immunität.
+   Abgelaufene Infektion, für die Schwangerschaft besteht kein Infektionsrisiko.
+   Wahrscheinlich unspezifischer IgM-Nachweis, Kontrolle notwendig.
+   Auffälliger Befund. Eine Serokonversion der IgG-Antikörper bei kurzfristiger Verlaufskontrolle beweist eine Akutinfektion.
+ + hoch Zurückliegende Infektion (> 4 Monate) mit persistierenden IgM-Antikörpern.
+ ++ niedrig Akute oder kurz zurückliegende Infektion.
+ + niedrig/ mittel Kurz zurückliegende Infektion oder abgelaufene Infektion mit persistierenden IgM-Antikörpern. Eine eindeutige Aussage über den Zeitpunkt der Infektion ist nicht möglich.