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Chronische Nierenerkrankung und Proteinurie
Die chronische Nierenerkrankung (CKD - chronic kidney disease) ist definiert durch das Vorliegen von abnormen Nierenstrukturen oder einer abnormalen Nierenfunktion. Diese Veränderungen müssen für mehr als 3 Monate bestehen und eine Auswirkung auf die Gesundheit haben. Die wichtigsten labordiagnostischen Hinweise sind eine pathologische Proteinurie/Albuminurie sowie eine verminderte eGFR. Über die beiden Parameter Albuminurie und eGFR erfolgt die Stadieneinteilung der CKD. Die neu hinzugekommene Unterteilung in die eGFR Stadien G3a (45 - 59 ml/min) und G3b (30 - 44 ml/min) begründet sich durch die deutlich schlechtere Prognose des Stadiums G3b hinsichtlich des „overall survivals" und des Risikos für ein kardiovaskuläres Ereignis (siehe Tabelle). |
Prognose einer CKD in Abhängigkeit von eGFR und Albuminurie mit Anzahl der empfohlenen Kontrollen pro Jahr |
Albuminurie [mg/g Kreatinin] |
Überweisung
|
||||
< 30 | 30 - 300 | > 300 | ||||
Stadium | eGFR |
Mikro- albuminurie |
Makro- albuminurie |
|||
G1 | normal | > 90 | 1x/Jahr | Ü 2x/Jahr | ||
G2 |
leicht vermindert |
60 - 89 | 1x/Jahr | Ü 2x/Jahr | ||
G3a |
leicht - mäßig vermindert |
45 - 59 | 1x/Jahr | Ü 2x/Jahr | Ü 3x/Jahr | |
G3b |
mäßig - stark vermindert |
30 - 44 | Ü 2x/Jahr | Ü 3x/Jahr | Ü 3x/Jahr | |
G4 |
stark vermindert |
15 - 29 | Ü 3x/Jahr | Ü 3x/Jahr | Ü 4x/Jahr | |
G5 |
Nieren- versagen |
< 15 | Ü 4x/Jahr | Ü 4x/Jahr | Ü 4x/Jahr | |
Ü = Überweisung zum Nephrologen |
Screeningparameter • Eiweiß im Urinstreifentest Positiv bei Eiweißausscheidungen ab 200 – 300 mg/l. Erfasst keine Mikroalbuminurie! • Eiweiß quantitativ im Urin Nachweisgrenze 40 mg/l. • Albumin quantitativ im Urin Erfassung noch reversibler Glomerulopathien, z. B. bei Diabetes mellitus, Hypertonie oder generalisierter Gefäßsklerose. • eGFR Bestimmung (siehe Laborinformation 50) ► Kreatinin im Serum ► Cystatin C im Serum |
Erweiterte Untersuchung • DISK-Elektrophorese Die Beurteilung erfolgt unter Berücksichtigung von Gesamteiweiß quantitativ im Urin. Vorteil: Erfasst die meisten Proteine. Differenzierung von prärenal, renal oder postrenal sowie Unterscheidung tubulär / glomerulär. Nachteil: Keine Quantifizierung der einzelnen Proteine möglich. • Quantitative Einzelbestimmung von Alpha-1-Mikroglobulin, Albumin, Transferrin, IgG und ggf. Alpha-2-Makroglobulin. Ähnliche Beurteilbarkeit wie Disk-Elektrophorese. Vorteil: Quantitative Verlaufskontrollen. |
Die Höhe und das Muster der Eiweißausscheidung geben Hinweise auf die Lokalisation und den Schweregrad der Nierenschädigung bzw. erlauben die Abgrenzung zwischen renaler und extrarenaler Proteinurie. |
Markerproteine | Proteinurieform | Differentialdiagnosen |
Alpha-1-Mikroglobulin | tubulär |
• Pyelonephritis • Interstitielle Nephritis • Medikamente (z. B. Analgetika) • Toxisch (Blei, Cadmium, etc.) • Fanconi-Syndrom • Renal-tubuläre Azidose |
Albumin | selektiv glomerulär |
• Frühstadium einer diabetischen oder hypertensiven Nephropathie • Minimal-Change-Glomerulonephritis • IgA-Nephritis • Frühphase von Autoimmunerkrankungen (z. B. SLE) |
Albumin, Transferrin, IgG | unselektiv glomerulär |
• Orthostatische Stressproteinurie • Systemische Vaskulitiden • Chronische Pyelonephritis |
Alpha-1-Mikroglobulin, Albumin, Transferrin, IgG |
(Mischproteinurie) |
• Spätstadien (z. B. diabetische Nephropathie) • Renale Amyloidose • Myelomniere |
Bence-Jones-Protein | prärenal | • Multiples Myelom |
Myoglobin | prärenal |
• Rhabdomyolyse • V. a. prärenales Nierenversagen (Crush-Niere) |
Hämoglobin | prärenal | • Intravasale Hämolyse |
Alpha-2-Makroglobulin | postrenal |
• Postrenale Blutung oder Entzündung z. B. bei Steinleiden, Infekten oder malignen Prozessen |